Die Geschichte der Orgel: Mittelalter bis Renaissance

Gestatten: Orgelmaus Cäcilia!

Gestatten: Orgelmaus Cäcilia! – Aber das erfährt Maus bekanntlich erst später. Vorerst langweilit sie sich noch im Unterricht.

Rückblick: „Du hast mir das letzte Mal offenbar überhaupt nicht zugehört,“ schimpfte die Weiße Maus als Maus sich zur Orgelkunde einfand. Maus war sich ihrer Schuld ja durchaus bewusst, aber – aber… „Wer soll das alles denn im Kopf behalten?“, fragte sie trotzig. „So viele Namen. So viele Details.“ Weiße Maus schaute grimmig drein. „Was du von deinen Vätern ererbt, erwirb es, um es zu besitzen!“
„Müsste es nicht Müttern heißen?“, brachte Maus Weiße Maus etwas aus dem Konzept. „Väter, Mütter – das ist jetzt nicht so wichtig.“ Insgeheim musste Weiße Maus schon schmunzeln, durfte das aber nicht zeigen. „Wichtiger ist, dass du dieses Wissen brauchst um einmal Orgelmaus zu werden! Und deswegen werden wir das ab sofort immer und immer wiederholen bis alles sitzt! Aber heute gibts erstmal neuen Stoff.“
„Oh nein,“ murmelte Maus. „Was war das?“, fragte Weiße Maus scharf nach. „Ähm, ich meinte – wie schön!“, antwortete Maus flugs laut. „Dann fahren wir mal fort…“

Es gibt in der Geschichte des Abendlandes drei Typen von Orgeln: Portativ, Positiv und die Große Orgel. Der Namen Portativ leitet sich von portare, tragen ab. Hier kann also keine große Orgel gemeint sein sondern eher eine kleine, tragbare. Für Prozessionen oder Umzüge ab dem 12. Jahrhundert wurde diese verwendet. Ab und an sieht man sie bisweilen auf Gemälden: Der Orgelspieler hat den Balg in der linken Hand, die Tasten werden mit der rechten gespielt. Ab und an wurde das Instrument auch mal in der Kirche gespielt, das war aber eher selten. Das Portativ war das Instrument der fahrenden Spielleute, nach der Renaissance spielte es allerdings keine große Rolle mehr. Heutzutage sind ja auch eher Drehorgeln auf den Straßen unterwegs.

Das Gegenteil der tragbaren Orgel ist das Positiv – ponere heißt auf Lateinisch stellen. Die kleine Standorgel kam mit einem Manual aus, besaß auch meistens kein Pedal und wenig Pfeifen. Unsere Orgel, Maus, könnte man durchaus zu diesem Typ zählen. Schließlich besitzt sie auch nur wenige Pfeifen, gebaut wurde sie ja für einen Patrizier in Nürnberg. Aber das weißt du ja sicherlich schon längst.  Das Orgel-Positiv ist lange Zeit beim Adel oder den reichen Bürgern zu Hause, allerdings wird es dann im 18. Jahrhundert vom Cembalo und später vom Klavier verdrängt. In der Kirche diente das Positiv als Stütze für den Gesang, weltlich war es Soloinstrument oder begleitete auch andere Instrumente. Im Barock war das Positiv für den Generalbass zuständig.

„Generalbass?“, warf Maus verwundert ein. Bässe waren ihr schon ein Begriff, ab und an hatte sie auch mit der Weißen Maus schon Bilder von den großen Streichinstrumenten gesehen. Aber Generalbass? „Gibts denn dann auch Majorbässe oder Kadettenbässe?“ Weiße Maus musste sich beherrschen um nicht laut loszuprusten. Stattdessen schüttelte sie den Kopf und hoffte, dass das verräterische Funkeln in ihren Augen nicht sichtbar war. „Nein, der Generalbass sagt dem Musiker, welche Noten er bei der Begleitung einer Stimme spielen muss. Mit dem Militär hat das nichts zu tun. Dazu kommen wir aber noch – später.“ Maus seufzte. Schade, da klang mal etwas interessant und dann war es doch langweilig.

Lange Zeit war das Positiv dann verschwunden. Heute wird es aber wieder vermehrt genutzt. Vor allem wenn man alte Musik so aufführen möchte, wie sie wahrscheinlich in alter Zeit gespielt wurde. In zwei Formen hat das Positiv bis heute überlebt: Einmal wurde es seit dem 15. Jahrhundert der großen Orgel gegenübergestellt. Das nennt sich dann Rückpositiv. Andererseits erklang es auch oft als Kabinett- oder Kammerorgel bezeichnet im weltlichen Leben. Menschen verbinden mit dem Wort Orgel aber eher die Große Orgel. Sie entwickelte sich langsam ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Denn die Rolle der Orgel wurde in den Kirchen immer wichtiger; obwohl sich die Kirchenväter noch gegen das Instrument gewehrt hatten fand es allmählich seinen Platz im Gottesdienst. Und da der Chor unterstützt werden musste, die Gläubigen begleitet werden mussten und die Kirchenräume nun auch nicht unbedingt kleiner gebaut wurden wuchs die Orgel mehr und mehr. Dabei stellte man bald, auch wegen der klanglichen Wirkung, die Windladen über die Pfeifen. Damit war der Weg frei für eine bessere und schnellere mechanische Verbindung zwischen den Tasten und dem Klangkörper der Orgel. Ein riesiger Schritt vorwärts! Im 14./15.Jh. hat die Orgel bereits viele Register, mehrere Manuale und Pedal.

Weiße Maus hielt inne. Eigentlich hatte sie noch mehr erzählen wollen, aber sie merkte, dass ihr Schützling ihr schon längst nicht mehr zuhörte. Insgeheim musste sie ihr vielleicht doch Recht geben: Die letzte Lektion hatte viel, viel Stoff beinhaltet. Vielleicht war es besser jetzt Schluss zu machen. „Das soll es dann erstmal für heute gewesen sein, Maus,“ sagte sie. „Das nächste Mal machen wir dann weiter mit dem Barock bis zur Neuzeit.“
„Prima“, fiepste Maus, „ich mag Rock. Neulich war da so ein Besucher, der hatte doch…“ Weiße Maus stöhnte, aber gegen den Wortschwall der jetzt folgte, gegen den kam sie einfach nicht an.

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